Leseproben - Karl Ranseier

Ranseierische Lyrik – ein gedrängtes Manifest, das keins sein will

 

 

In der heutigen dichteren Welt, deren Horizont durch Schmacht- Qual und Schneeglöckchengedichte begrenzt wird, ist die Heiterkeit nur noch selten anzutreffen. Der moderne „Dichter“ ergibt sich lieber den weltverneinenden dunklen Gewitterwolken oder den künstlich strahlendblaugefärbten Himmeln  seiner Verse, insofern er überhaupt noch etwas zu sagen hat und nicht inhaltsleeren Worthülsen frönt. Es ist jedoch an der Zeit, die Welt, das Leben und den Tod in all ihren Facetten zu bejahen und höchst trefflich zu beschreiben! Eine neue Zeit der Heiterkeit möge anbrechen!

Die Ranseierische Lyrik hat sich daher zur Aufgabe gesetzt, das Symbol der ewigen Wiederkehr nicht erneut fade, ja prosaisch auf die Bühne der Literatur zu bringen, sondern gereimt in den schönsten Kleidern der deutschen Metrik. Scherz und List sind den Versen zu Ehren des Karl Ranseiers eigen, der die sich ewig bewegende Drehtür zwischen den Reichen der Lebenden und Toten wie kein anderer meisterhaft zu benutzen weiß. Die Rainseierische Lyrik erhebt sich damit zu einer Dichtkunst der Lebensbejahung, wie sie seit dem Zarathustra und den Liedern des Prinzen Vogelfrei nicht mehr zu lesen war und verneint allerhöchstens die Weltverklärung, nur um diesem Credo an andere Stelle widersprechen zu können.

Mit einem kräftigen lyrischen Luftstoß vertreiben die heutigen Ranseierischen Lyriker/innen die trögen, grauen Wolken der Qualverse und wenden den Blick von Blümchen und Herzchen und Himmelchen ab zu den wahren Problemen und Themengebieten der Moderne. Ihr Schlachtruf „Karl Ranseier ist von uns gegangen!“ möge in allen Ohren schallen! #fuk

 

Ich bedanke mir herzlich bei meinen Mitstreitern Sabine, Willi und Gödehard, die hier zwei Essenzen ihres Gesamtwerkes bereitstellten, um Karl hochleben zu lassen!

 

Karl R. am Tage des Karl V.

Karl wollte Urlaub machen


Im fernen Gasthof „Winterreise“

lag Karl noch tief im Traum.

Da sang im Nebenraum

das Bügelliebchen eine Weise.

 

Als Karl mit Lust durch sie erwachte,

da galt sein ganzer Sinn

allein der Sängerin,

weil sie sein müdes Herz entfachte.

 

Er ging sogleich ins Nebenzimmer.

Die Tür war angelehnt

und wie im Traum ersehnt

sah Karl der Schönheit reinen Schimmer.

 

Sie weilte froh im Sonnenscheine

dicht neben ihrem Bett

an einem Bügelbrett

und sang vergnügt für sich alleine.

 

„Oh Liebchen“, hauchte Karl bedächtig,

„Du singst so lieb und klar.

Auch duftet süß dein Haar.

Küss mich! Das fände ich jetzt prächtig.“

 

Mit tiefem Schrecken aber wandte

sich rasch das Lieblichen um

und traf den Karl, wie dumm,

mit ihrer Bügeleisenkante.

Karl wollte einmal schön verreisen,

am liebsten in den fernen Wild Wild West,

denn selbst die große Stiftung Warentest

sprach stets von Pracht und guten Preisen

 

Nach gründlich-langem Überlegen

entschied sich Karl für eine kleine Stadt,

die heute noch den Namen Arttown hat,

und flog dem Urlaubsziel entgegen.

 

Bald machte er die ersten Schritte

entspannt und freudig durch den Wüstenort

und pfiff ein Urlaubsliedchen immerfort –

das war bei Karl so Brauch und Sitte.

 

Der Sheriff konnte das nicht leiden

und murrte in der grauen Uniform:

„Du Wicht, in Arttown bin ich Recht und Norm!

Wer pfeift, wird aus dem Leben scheiden!“

 

„Ich möchte Urlaub, keine Fehde“,

warf Karl noch ein, dann löste sich ein Schuss

und eiskalt sprach der Sheriff: „Jetzt ist Schluss!

Ich dulde keine Widerrede!“


Konfliktmanagement

„Zu reden, das ist immer wichtig.

Zu schweigen, das ist nimmer richtig.

Denn zwischen Guten oder Bösen

lässt sich doch jeglicher Konflikt

und sei er auch noch so verzwickt

mit Worten ganz vernünftig lösen“,

sprach Karl zur Bomberjackenmeute,

was er darauf sofort bereute.

Ranseiers letzte Silvesternacht

Vom Schnäpchen trunken und recht spitz

ging Karl nach Leipzig Connewitz.

Er schrie: „Ihr linksversifften Scheißer,

geht’ zu Silvester nicht mal leiser?“

Als Antwort traf ihn gleich der Blitz

von einer Feuerwerksrakete

der Connewitzer Straßenfete.


Der Bitkarl

 

Karl schuf eine Kryptowährung.

Bitkarl wurde sie genannt.

Doch ihr Wert hielt nicht lang stand

Das verlangte nach Erklärung!

 

Alle waren sehr verdrossen,

weil die Klärung nicht gelang.

Und so ward Karls Untergang

schließlich einstimmig beschlossen.

 

Was die Leute aber taten,

wie sie ihn hinweggerafft,

das bleibt leider rätselhaft.

Mag der Leser es erraten!

Wie Karl R. den GröDaZ traf

Der Karl schrieb plötzlich postmodern

und wurde so zum Möchtegern.

 

Auch wenn ihn niemand mehr verstand,

die Schar war außer Rand und Band.

 

Für sie soll Lyrik ganz allein

ein stetes Unverständnis sein.

 

So wähnte sich Karl irgendwann

als allergrößter Dichtermann.

 

Den GröDaZ, der von Karl erfuhr,

traf er auf PoMo-Lesetour.

 

Für seine Fans war Karl ein Gott.

Der GröDaZ sah nur Alltagstrott.

 

Den Möchtegern hat das verzehrt.

Sein Leben schien ihm sinnentleert.

 

So kam, was letztlich kommen muss:

ein Sprung vom Dach und dann war Schluss.


Der Stümperpoetenkarl

Mich schockt, was heut’ die Zeitungswelt berichtet:

Noch gestern habe Ranseier gedichtet,

und gänzlich auf die Rechtschreibung verzichtet.

Sein Lektor habe dies mit Zorn gesichtet,

zuerst den üblen Dichtversuch vernichtet,

dann Karl mit seinem Duden hingerichtet.

Mahnung

Gebt alle Acht! Gebt alle Acht!

Der Sheriff hält die Wacht!

Hat Karl schon mehrmals umgebracht.

Trotz Ernst, ihr habt gelacht,

dabei jedoch nicht recht bedacht,

dass das Symbol der Macht,

der Colt, mit blankem Unrecht kracht!